«Ich weiss gar nicht, wann wir zuletzt nicht die rote Laterne hatten. Es ist schon lange her», sagte ein glücklicher Uli Forte nach dem deutlichen Sieg gegen St.Gallen und dem Sprung auf Platz zehn in der Tabelle. Unter Forte, welcher an Heiligabend als neuer FCW-Trainer präsentiert wurde, hat Winti das Tabellenende nie verlassen. Mitte Dezember landete Winterthur auf dem letzten Platz und hatte Ende März einen Rückstand von sieben Punkten auf den Barrageplatz und sogar deren zwölf auf einen Platz, der direkt zum Ligaerhalt reicht. Nicht mehr viele Experten trauten den Winterthurern den Turnaround noch zu und wahrscheinlich rechneten auch schon einige Fans der Bierkurve mit der Challenge League in der nächsten Spielzeit.
Nun drei Runden vor Schluss scheint das Unmögliche möglich und wenn alles nach Plan läuft, sichert sich Winterthur schon am Wochenende den Ligaerhalt. Mit zwei Siegen gegen Zürich (heute Dienstag, 20.30 Uhr) und Yverdon (Sonntag, 18 Uhr) und einem Punktverlust von GC wäre eine weitere Saison in der Super League vor dem letzten Spieltag sicher.
Auch mit Feuerwehrmann Forte, der zuvor in der zweithöchsten Liga bei Xamax unter Vertrag stand, kam die erhoffte Wende zunächst nicht. Zu Beginn seiner Amtszeit brillierte der 51-Jährige eher mit Verschwörungstheorien gegen die Liga als mit starken Resultaten. Die erschreckende Bilanz Ende März: Sieben Punkte aus elf Spielen.
Doch mit dem Monat April kam die Wende und von möglichen 18 Punkten liessen sich die Eulachstädter in den letzten sechs Spielen deren 16 auf das eigene Konto schreiben. Einzig gegen den heutigen Gegner, den FC Zürich, gab es beim 0:0 auf der heimischen Schützenwiese nicht drei Zähler für die Winterthurer.
«Wir arbeiten hart auf ein Ziel hin und ziehen alle am selben Strang», schwärmte Matteo Di Giusto nach dem überragenden Auftritt gegen St.Gallen. Trotz eines frühen Rückstands konnte der FCW das Ruder herumreissen und gegen die Ostschweizer einen weiteren Vollerfolg feiern. Fast noch mehr zu bewundern ist, dass die Jungs von Uli Forte in den letzten fünf Einsätzen nur noch ein Gegentor zuliessen, zuvor hatte der Aufsteiger aus dem Jahr 2022 im Schnitt knapp über zwei Tore pro Partie kassiert.
Goalie Stefanos Kapino wahrte gleich vier Spiele in Folge eine weisse Weste und parierte im Auswärtsspiel gegen den direkten Konkurrenten GC einen Elfmeter von Giotto Morandi. Nach diesem immens wichtigen Sieg gegen die Grasshoppers erhielt der griechische Torwart ein Sonderlob von seinem Chef, welcher auch den Torwart-Trainer lobte: «Kapino war der Matchwinner, aber ich muss auch Philipp Bowald erwähnen. Er hat Kapino bis ins kleinste Detail vorbereitet, denn er hat ihm aufgezeigt, dass Morandi aus Torhütersicht rechts schiessen würde.»
Auch zwei Wochen später im nächsten Spiel gegen den Rekordmeister liess der griechische Schlussmann kein Gegentor zu und mit diesem Sieg konnte Winti bereits mit GC gleichziehen, bevor es letzten Samstag, nachdem die Hoppers das Stadtderby gegen den FCZ verloren hatten, dann vorbeizog.
Dass die Laune rund um die Schützenwiese aktuell hervorragend ist, liegt auf der Hand. Vor dem nächsten Spiel ist aber auch für Forte klar, dass es weiterhin viel Fokus braucht. «Aktuell braucht man fast keinen Schlaf, da man in der momentanen Lage so auf Adrenalin ist», erzählt der Cheftrainer auf der Vereinsseite des FCW.
Wichtig für Forte ist, dass die letzten beiden Spiele auf der heimischen Schützenwiese stattfinden werden: «Die meisten Punkte haben wir zu Hause gesammelt, bei dieser fantastischen Atmosphäre.» Auch möchte der ehemalige Trainer von unter anderem GC, Zürich und St.Gallen nicht zu weit in die Zukunft schauen. «Jetzt zählt nur das Spiel gegen Zürich, auch die Partie gegen Yverdon ist noch kein Thema», stellt Forte klar und gesteht auch, dass er aktuell nicht auf die Tabelle schaut: «Im Moment ist die Rangliste nicht wichtig. Auch den Spielern habe ich erklärt, dass momentan rechnen und die Tabelle anschauen gar nichts bringt. Wir müssen von Spiel zu Spiel schauen und unseren Job weiterführen. Unser Motto ist, es voll durchzuziehen.»
Besonders die Lage beim Kantonsrivalen GC sieht aktuell prekär aus, letzte Woche wurde Sportchef Stephan Schwarz durch Alain Sutter ersetzt und auch Goalie-Trainer Jörg Stiel musste seinen Spind vorzeitig räumen. Sportlich läuft es beim Rekordmeister ebenfalls nicht, nach den zwei Niederlagen gegen Winterthur gab es im Stadtderby eine klare 0:3-Packung und die Fans fingen sogar an, eigenes Fanmaterial anzuzünden.
Der zweite Konkurrent im Abstiegskampf befindet sich ebenso wenig in herausragender Form, keines der letzten sieben Spiele gewann Yverdon. Neben der besten Ausgangslage spricht also auch die Form für den FC Winterthur.